Michael Bergunder, Rahul Peter Das (Hrsg.)
"Arier" und "Draviden"
Neue Hallesche Berichte, Band 2Die Frage nach der Geschichte beinhaltete zu allen Zeiten auch die Frage nach der eigenen Identität. Während der britischen Kolonialherrschaft im 19. Jahrhundert begründeten westliche Indologen und christliche Missionare unter Beteiligung Gelehrter der traditionellen einheimischen Wissenssysteme eine südasiatische Geschichtsschreibung, in der die Südasiaten als die Nachkommen unterschiedlicher Völker (insbesondere Arier und Draviden) betrachtet wurden. Diese orientalistischen Geschichtstheorien über Ereignisse, die tausende Jahre zurücklagen, fanden unter unterschiedlichen Vorzeichen Eingang in den politischen Diskurs, und in der Folgezeit wurden diese Projektionen in hohem Maße Bestandteil des Selbstverständnisses verschiedenster politischer Bewegungen und Parteien moderner südasiatischer Staaten. Heute mündet in Südasien fast jede Diskussion über die Vor- und Frühgeschichte beinahe automatisch in eine Debatte um soziale und politische Machtinteressen.
In jüngster Zeit sind es vor allem sogenannte hindu-nationalistische Kreise, die ihre politische Legitimation aus der Vorgeschichte zu ziehen versuchen. Der vorliegende Band leistet damit auch einen wichtigen Beitrag zur Aufhellung der geistigen Hintergründe des im deutschsprachigen Raum immer noch wenig verstandenen Phänomens des Hindu-Nationalismus.
N.B.: Der Beitrag von Edwin Bryant "Disput um die Vergangenheit" kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht online veröffentlicht werden.
Hermann Kreutzmann, Stefan Schütte (Hrsg.)
After the Flood in Pakistan
Assessing Vulnerability in Rural Sindh
Berlin Geographical Papers, Band 38
After the devastating floods of August-September 2010 had destroyed the living abodes and detrimentally affected the basic resources of several million people in Pakistan, the subsequent relief operations were supposed to be terminated half a year later. By March 2011 a new phase with coordinated steps for mid-term rehabilitation and long-term development activities were envisaged. The way forward posed a major challenge. (...)
The report presented here draws the attention to one of the least-studied regions of Pakistan and to three districts in Sindh Province. The report covers eight villages in Sindh's Badin, Dadu, and Thatta districts. The selection of villages is strongly linked to the initiators and sponsors of this independent research project. The German Red Cross (GRC) and the Pakistan Red Crescent Society (PRCS) suggested to the Centre for Development Studies at Freie Universität Berlin to cooperate again - after a successful joint evaluation of development packages in Kashmir in 2009 (see volume 36 of this series) - in an assessment in Sindh Province. This time, the terms for the assessment followed a different rationale in involving the independent academic supporters. (...)
The objectives were wide-spread and far-reaching: First, to gain some insight into the socio-economic situation of rural communities in a wider setting of their districts, in their relationship to developments in Sindh province and within Pakistan. Second, to analyse the social set-up in rural Sindh in terms of vulnerability and exposure to risk. Third, to assess the impact the recent floods had on the livelihoods of households in the village settings. Fourth, to formulate recommendations for implementation of project packages. (...) The result of our work is presented in this report.
Sebastian Sons
Arbeitsmigration nach Saudi-Arabien und ihre Wahrnehmung in Pakistan
Akteur*innen und Strategien der öffentlichen Sichtbarmachung
Media and Cultural Studies, Band 1
Arbeitsmigration nach Saudi-Arabien gilt in Pakistan aus wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Erwägungen als systemlegitimierend und alltägliches Phänomen: Das Königreich agiert auf (sicherheits-)politischer, wirtschaftlicher und kultureller Ebene als einflussreicher externer Akteur in Pakistan. Es ist außerdem das wichtigste Empfängerland pakistanischer Migranten. Aus diesen Gründen werden kritische Themen im Zusammenhang mit Migration in der pakistanischen Öffentlichkeit kaum thematisiert und stattdessen tabuisiert. In den letzten Jahren haben allerdings neue pakistanische Öffentlichkeitsakteur* innen aus Zivilgesellschaft, Medien und von internationalen Organisationen begonnen, dieses Tabu herauszufordern. Sie wollen prekäre Arbeits- und Lebensbedingungen der Migranten, strukturelle Gewalt sowie die systemische Ausbeutung innerhalb des Migrationsprozesses medial sichtbar machen. Somit tragen die neuen Öffentlichkeitsakteur*innen zu einem medialen Wandel in Pakistan bei, der bestehende Narrative und Tabus zu Migration in Frage stellt. Das Buch analysiert basierend auf umfangreichen empirischen Daten, mit welchen Medienpraktiken und -strategien limitierte öffentliche Räume in Pakistan zu Migration durch diese Akteur*innen erweitert werden.
Christof Zotter
Asketen auf Zeit
Das brahmanische Initiationsritual der Bāhun und Chetrī im Kathmandu-Tal
Auch nach ihrer Einpassung in die Reihe lebenszyklischer Rituale (saṃskāra) im ersten vorchristlichen Jahrtausend wurde die brahmanische Initiation (upanayana) überarbeitet und uminterpretiert. Heute wird sie beim vratabandha zusammen mit drei weiteren saṃskāras nebst Vor- und Rahmenritual vollzogen.
In diesem Buch wird mit einer Kombination von Textstudien und Feldforschung für eine bestimmte vedische Schule (den Weißen Yajurveda) und einen konkreten Kontext (das vratabandha der nepalischen Bāhun und Chetrī) untersucht, nach welchen Prinzipien Elemente verschiedener Ritualformen (saṃskāra, pūjā, homa etc.) kombiniert und an veränderte Zeiten und Situationen angepasst werden.
Die detaillierte Analyse der Form liefert auch einen Schlüssel zur Interpretation des komplexen Ereignisses vratabandha, in dem der Initiand vorübergehend zum Asketen wird, um an das Ritual herangeführt zu werden.
Rezensionen
Rezension von Christof Zotter, Asketen auf Zeit: Das brahmanische Initiationsritual der Bāhun und Chetrī im Kathmandu-Tal. Heidelberg: CrossAsia-eBooks, 2018. Rezensiert von Andrea Wollein (University of Toronto) in: International Journal of Hindu Studies 26 (2022).
Liang Chen
Begräbnistexte im sozialen Wandel der Han-Zeit
Eine typologische Untersuchung der Jenseitsvorstellungen
Während der Han-Zeit (202 v.Chr.– 220 n.Chr.) wurden in China den Gräbern Begräbnistexte beigegeben. Diese sollten der Kommunikation zwischen Diesseits und Jenseits dienen. Dieses Werk analysiert systematisch Begräbnistexte aus etwa 180 Gräbern und zeigt so die Entwicklung der Jenseitsvorstellung in Verbindung mit dem gesellschaftlichen Wandel in der Han-Zeit auf. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die Form und materielle Beschaffenheit der Texte, ihre physische und symbolische Position im Grab sowie das Layout der Begräbnistexte und die in ihnen verwendeten Siegel gelegt. Durch die statistische Auswertung des geografischen und zeitlichen Auftretens der Begräbnistexte werden zudem die Verbreitungszentren identifiziert und regionale Interaktionen aufgezeigt. Außerdem wird der Zusammenhang zwischen dem Ausbruch von Epidemien und der Verbreitung der grabschützenden Texte in der Ost-Han-Zeit untersucht. Anhand ausführlicher Textanalysen wird anschließend der Frage nachgegangen, ob grabschützende Texte als Produkte des Volksglaubens oder des Daoismus anzusehen sind.
Hannah Uprety
Between Exploitation and Economic Opportunity?
Identities of Male Nepalese Labor Migrants in the Gulf Region
Geographien Südasiens, Band 4
Im Vorfeld der näher rückenden FIFA-Weltmeisterschaft in Katar wächst das mediale Interesse an der großen Rolle, die ausländische Arbeitskräfte für das rasante Wachstum der Golfstaaten-Metropolen spielen, und an den oft problematischen Arbeits- und Lebensbedingungen dieser Menschen. Deutlich weniger Aufmerksamkeit gilt jedoch dem ‚anderen Ende‘ dieser Migrationsprozesse, nämlich den Kontexten, aus denen diese Arbeiter kommen und in die sie später zurückkehren. Einer dieser Kontexte liegt in Nepal, wo jährlich hunderttausende Migranten das Land auf der Suche nach sogenannter niedrigqualifizierter Arbeit verlassen. Angesichts der vergleichsweise kleinen Bevölkerung und schwachen Wirtschaft Nepals haben diese Praktiken einen enormen Einfluss auf das Land – sowohl finanziell als auch hinsichtlich der sozialen und kulturellen Transformationen, die mit ihnen einhergehen. Die vorliegende Arbeit untersucht, wie sich diese meist männlichen Migranten und ihre Familien in transnationale Formen der Lebensführung einfinden und wie ihre Identitäten sich entlang dieses Prozesses verändern. Auf der Grundlage qualitativer empirischer Forschung aus dem Jahr 2012 liegt dabei ein besonderer Schwerpunkt auf der gesellschaftlichen (Neu-)Verhandlung von Beziehungen und Intimität im transnationalen Familienleben sowie der oft konfliktbeladenen und fragmentierten Aushandlung migrantischer Subjektivitäten. Auf diese Weise bietet die Arbeit nicht nur Einblicke in eine spezifische nepalesische Praxis, sondern reiht sich ein in eine zunehmend erstarkende kritische Migrationsforschung.
Kathrin Holz
The Bhadrakarātrī-sūtra
Apotropaic Scriptures in Early Indian Buddhism
Monographien zur indischen Archäologie, Kunst und Philologie, Band 27
Dieses Buch untersucht das Bhadrakarātrī-sūtra, einen wichtigen Vertreter der frühen buddhistischen rakṣā-Literatur, und leistet damit einen Beitrag zur Erforschung dieser Literaturgattung. Diese Arbeit präsentiert schließlich eine Edition, Teilrekonstruktion und Übersetzung der beiden erhaltenen Sanskrit-Manuskripte, die in Zentralasien gefunden wurden sowie eine kritische Edition und Übersetzung der tibetischen Version dieses Textes. Besonderes Augenmerk wird auch auf die chinesischen und tibetischen Varianten der Mantras gelegt. Außerdem werden spezifische rakṣā-Elemente, formale Merkmale sowie sprachliche und semantische Muster des Bhadrakarātrī-sūtra hervorgehoben. Diese sind entscheidend für das Verständnis der Besonderheiten seiner Sprache sowie seiner textlichen Entwicklung und Einordnung in die rakṣā-Literatur.
Oliver Corff
A Bibliography of Online Resources on Chinese Strategy, Security and Military Matters
Version 6.2, December 27, 2016
Die hier vorgestellte Bibliographie entstand ursprünglich als Hilfsmittel für laufende Forschungsarbeiten. Sie ist nicht abgeschlossen, sondern wird in regelmäßigen Abständen überarbeitet und ergänzt.
Markus Schleiter
Die Birhor - Ethnographie und die Folgen
Ein indischer "Stamm" im Spiegel kolonialer und postkolonialer Beschreibungen
Die Birhor sind eine indische "Stammesgruppe". Bekannt sind die Birhor als Spezialisten für Seilherstellung, Affenjagd, Heilkräuter und andere Waldprodukte. In diesem Buch untersucht der Autor die ethnographischen Darstellungen dieser Gruppe über Ansätze der Postcolonial Studies und zeigt dabei Widersprüche, aber auch erstaunliche Gemeinsamkeiten von den ersten kolonialen Berichten seit 1865 bis hin zu den neuesten Ethnographien. Anhand einer eigenen einjährigen „Teilnehmenden Beobachtung“ in deren Siedlungen deckt der Autor auf, dass diese Beschreibungen der Birhor – unter anderem als „unschuldige“ und „fröhliche“ „Jäger und Sammler“ – erhebliche ambivalente Konsequenzen für diese selbst haben. Diese Auswirkungen stehen in engem Zusammenhang mit der staatlichen Entwicklungsarbeit Indiens und umfassen Todesfälle durch Malaria.
Ernst Waldschmidt
Bruchstücke des Bhikṣuṇī-Prātimokṣa der Sarvastivādins; Bruchstücke buddhistischer Sūtras aus dem zentralasiatischen Sanskritkanon
Monographien zur indischen Archäologie, Kunst und Philologie, Band 2Faksimile-Reproduktion der ursprünglich 1926 und 1932 bei der Deutsche Morgenländische Gesellschaft in Kommission bei F. A. Brockhaus erschienenen Werke "Bruchstücke des Bhikṣuṇī-Prātimokṣa der Sarvastivādins" und "Bruchstücke buddhistischer Sūtras aus dem zentralasiatischen Sanskritkanon", zusammengefasst in einem Band.
Wenkuan Deng
Les calendriers du IXe-Xe siècle et les almanachs d’aujourd’hui
Histoire, archéologie et société - conférences académiques franco-chinoises, Cahier 10Le contenu des calendriers traditionnels chinois s'est perpétué jusqu'au milieu du XXe siècle et ont eu une influence décisive sur l'ensemble de l'Asie orientale. Cette influence est demeurée ininterrompue en dehors de la Chine continentale, où les techniques calendaires et divinatoires, après les bouleversements de 1949, ont été sévérement critiquées et ont connu une brutale interruption de leur usage. Le contenu des calendriers qui était universellement connu est ainsi devenu inconnu aux chinois de Chine populaire, notamment pour les plus jeunes. Je ne suis pas une exception. De 1994 à 1995, grâce à l'invitation du Centre de promotion culturelle de Hong Kong, j'ai eu la chance et l'honneur de faire des recherches pendant trois mois sous la direction du professeur Rao Zongyi et ainsi de me pencher sur les almanachs de Hong Kong. En les comparant avec les calendriers de Dunhuang, j'ai été surpris de constater que leur contenu était pour tout ou partie identique, et qu'il m'était même possible sur la base des calendriers de Dunhuang de corriger les erreurs des calendriers contemporains. Pendant de nombreuses années, j'ai collectionné des almanachs couramment utilisés en Asie orientale afin de les étudier. Pour cela, j'ai obtenu l'aide du chercheur japonais Seo Tatsuhiko, du Singaporien Ku Cheng Mei, du Taïwanais Zongshan, de Lin Wushu de l'Université Sun Yatsen de Canton et de Wang Yucheng de l'Académie des sciences sociales de Chine. C'est grâce à eux que j'ai pu mener une recherche sur ce thème et profite donc de cette occasion pour leur exprimer ma gratitude. [...]