Die VR China und ihre Nachbarn: 5. Nord- und Südkorea

  • Günter Schucher (Autor/in)
  • Ulrike Block (Autor/in)

Abstract

Mit dem Ende des Kalten Krieges und dem Ausbruch der Nuklearkrise um Nordkorea hat sich das Kräfteverhältnis in Nordostasien verändert. Mit China, Rußland, den USA und Japan sind vier Großmächte im nordasiatischen Raum präsent, die auch in der Koreapolitik ihre jeweiligen Interessen verfolgen. Als unmittelbarer Nachbar ist China vor allem an einer friedlichen Entwicklung auf der koreanischen Halbinsel interessiert. Vor diesem Hintergrund hat die chinesische Außenpolitik einen Wechsel vollzogen von der ideologisch determinierten zu einer stärker pragmatisch am nationalen Interesse ausgerichteten Politik. An Hand der chinesisch-koreanischen Beziehungen seit 1989 können die Koordinaten und Konfliktzonen übergeordneter, die Rolle Chinas in der internationalen Politik bestimmender Faktoren aufgezeigt werden. Die Antinomie konkurrierender nationaler und internationaler Interessen zeigt sich in der Aufnahme wirtschaftlicher und diplomatischer Kontakte zu Südkorea bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung enger militärischer Kooperation mit Nordkorea.

Im August 1992 nahmen die VR China und Südkorea diplomatische Beziehungen auf. Zugleich hat die VR China nach Ansicht externer Beobachter engere Beziehungen zu Nordkorea und größeren Einfluß auf Pyongyang als jeder andere Staat der Welt. Angesichts immer neuer Meldungen über Hunger und Not in Nordkorea und der auch nach Abschluß der Trauerzeit um Kim Il-sung ungeklärten Position seines Erben Kim Jong-il bleibt die VR China Nordkoreas stärkster Schutzfaktor gegen den Kollaps. Seit dem Ende der Sowjetunion ist sie die einzige Quelle für Nahrungsmittel und Energie. Weder ist sie an politischem und ökonomischen Chaos an ihrer Nordgrenze interessiert noch an einem US-freundlichen vereinigten Korea.

Die neuerdings vertretene "Zwei Korea"-Position muß auch vor dem Hintergrund der ungelösten Taiwan-Frage sowie der Opposition Pekings gegenüber der Strategie der friedlichen Evolution gesehen werden, ebenso wie die Ambitionen Chinas bezüglich seiner Funktion in der Weltpolitik im Zusammenhang stehen mit der Frage nach der Legitimitätsbasis der Regierung im eigenen Land. So müssen sowohl die Rolle Chinas im Nuklearstreit zwischen den USA und der IAEO auf der einen Seite und Nordkorea auf der anderen Seite wie auch weitere internationale Fragestellungen in Zukunft stets in Anbetracht umfassender policy-Entscheidungen der chinesischen Regierung und der sich wandelnden politischen Lage im Land abgeschätzt werden.

In der Außenpolitik beider koreanischen Staaten ist nach dem Ende des Kalten Krieges eine gewisse Flexibilität eingetreten. Chinas Position zur Wiedervereinigung Koreas und seine potentielle Rolle in diesem Prozeß werden von einer Reihe von Faktoren bestimmt. Hierzu zählen die innenpolitische Entwicklung in China, Chinas Beziehungen zu den anderen Großmächten im asiatisch-pazifischen Raum, vor allem zu den USA, die Flexibilität der Außenpolitik beider koreanischen Staaten sowie Chinas Bild von einem wiedervereinigten Korea. Eine Lösung der gegenwärtigen festgefahrenen Situation kann allerdings nur von den koreanischen Staaten selbst bewirkt werden. Hier kann China allenfalls unterstützend tätig werden. Eine Entspannung auf der koreanischen Halbinsel würde China positive Beziehungen zu beiden Staaten ermöglichen. Eine Verschärfung des Konflikt würde für China zu einer sehr schwierigen politischen Situation führen.

In dieser Kurzbibliographie wurde Literatur der 90er Jahre berücksichtigt.

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Veröffentlicht
2020-01-21
Sprache
Deutsch
Beitragende/r oder Sponsor
GIGA