„Deutschland braucht Ihr Wort“

Rabindranath Tagore und seine Übersetzerin Helene Meyer-Franck

  • Martin Kämpchen (Autor/in)

Abstract

„Mein lieber Dichter, in all den letzten Jahren habe ich Ihnen schreiben wollen, aber dieser schreckliche Krieg hat es mir nicht erlaubt. Doch endlich kann ich hoffen, daß dieser Brief in Ihre Hände kommt. Viel lieber würde ich in meiner Muttersprache schreiben. Ihnen auf Englisch zu schreiben erscheint mir, als ginge ich in geborgten, schlecht sitzenden Kleidern auf ein Fest. Doch so ungeschickt ich auch erscheinen mag, ich kann mich von diesem Fest nicht länger fernhalten, denn mein Herz sehnt sich danach, Ihnen meinen Dank anzubieten für alles, was Sie mir gegeben haben, seitdem mein Gatte mir Ihre Gitanjali-Lieder gebracht hat.“ Diesen Brief schrieb Helene Meyer-Franck, eine in der Öffentlichkeit wenig bekannte Schullehrerin, am 18. Februar 1920 aus Wandsbek, einem Stadtteil von Hamburg (Kämpchen/Pal 1999, S. 25). Der „liebe Dichter“, an den sie diesen Brief richtete, war Rabindranath Tagore, der sieben Jahre vorher – 1913 – überraschend den Nobelpreis für Literatur erhalten hatte.

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