Indien - China: Vergleich zweier Entwicklungswege
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Abstract
China – Indien: Die Berichterstattung in den Medien über die beiden Subkontinentalstaaten – demographisch Kontinentalstaaten! – könnte gegensätzlicher kaum sein. Das „Reich der Mitte“ steht für Dynamik und Wandel, wird vorgestellt als „alte Kulturnation“ und gleichzeitig als monolithischer Block. Sein „spektakuläres wirtschaftliches Wachstum“ (Naß 1997: 1) wird heute mehr denn je als Herausforderung, ja Bedrohung empfunden: „Zeichnet sich am Pazifik ein Ringen ab zwischen der Führungsmacht des 20. und der Weltmacht des 21. Jahrhunderts?“ (ibid). Mehr noch: Diese Einschätzung ist keineswegs neu – bereits Napoleon hat von der Bedrohung Europas durch China gewarnt, Kaiser Wilhelm II. von der „gelben Gefahr“ gesprochen. Indien dagegen taucht in den Medien in allererster Linie dann auf, wenn Negatives zu belegen ist, wenn es (ungelöste) Probleme zu erläutern gibt – etwa das Land mit dem unkontrollierten, vor allem aber unkontrollierbaren Bevölkerungswachstum. Indien, das paradigmatische Entwicklungsland, das für Überbevölkerung, Schmutz, Hunger, Kinderarbeit, Not, Unruhen, Landflucht und Slums steht. Dementsprechend wird das Menschenbild konstruiert: hier: Indien–China „der“ dynamische, erfolgs- (und profit)orientierte „Chinese“, dort: der „indische Mensch“, dem zwar Individualität und Eigenständigkeit zugesprochen, Handlungsfähigkeit und Handlungswillen aber weitgehend abgesprochen werden. Und schließlich: Auch für die Zukunft wird Indien allenfalls der Status einer (südasiatischen) Regionalmacht zugestanden – wohlgemerkt politisch, nicht wirtschaftlich.