Geographien Südasiens
Judith Müller, Juliane Dame, Sneha Sharma, Carsten Butsch (Hrsg.)
Aktuelle Forschungsbeiträge zu Südasien
12. Jahrestagung des AK Südasien, 21./22. Januar 2022, Bonn/online
Geographien Südasiens, Band 14
Extendet Abstracts der 12. Jahrestagung des AK Südasien, 21./22. Januar 2022, Bonn/online
Raphael Pinheiro Machado Rehm
Small scale variability in soil hydraulic properties in a headwater catchment of the Indian Western Ghats
Geographien Südasiens, Band 9
Die indischen West Ghats unterliegen einem Monsunklima, mit Niederschlägen bis über 3000 mm im Jahr. Da die Gebirgskette den Ursprung nahezu aller großen Flüsse in Indien bildet, haben die Eigenschaften der Kopfeinzugsgebiete eine dementsprechend große Bedeutung für den Wasserhaushalt des gesamten Indischen Subkontinents. Doch der bisher ländlich geprägte Pune-Distrikt in Maharashtra, steht durch die Nähe zu den Agglomerationsräumen Mumbai und Pune, vor einem starken demografischen und wirtschaftlichen Wachstum und ist damit zunehmend von einem Landnutzungswandel betroffen. Während diese Veränderungen aus Fernerkundungsdaten erschlossen werden können, sind Daten über die Veränderung der Bodeneigenschaften nur grobskalig vorhanden. Wasser beeinflusst eine Vielzahl von physikalischen, chemischen und biologischen Prozessen in der Natur und damit fast jeden Aspekt der Bodenentwicklung. Doch umgekehrt sind die Eigenschaften der Böden für hydrologische Größen, wie beispielsweise der Speicherung und Bereitstellung von pflanzenverfügbarem Wasser, entscheidend. Um also Änderungen in der Hydrologie einer Region nachvollziehen zu können, sind detaillierte Kenntnisse über die Auswirkungen von Landnutzungsänderungen auf die Bodeneigenschaften erforderlich. Diese Arbeit soll dazu beitragen, die Charakteristik tropischer Bodenformationen in den nördlichen Western Ghats zu verstehen und mögliche Auswirkungen unterschiedlicher Landnutzungen auf die Bodenqualität unter besonderer Berücksichtigung der hydrologischen Eigenschaften aufzuzeigen.
Marc Herter
Development as Spectacle: Understanding Post-War Urban Development in Colombo, Sri Lanka
The Case of Arcade Independence Square
Geographien Südasiens, Band 7
Diese Studie untersucht die nachkriegszeitliche Stadtentwicklung in Colombo. Auf der Grundlage von Guy Debords Buch mit dem Titel Die Gesellschaft des Spektakels wird die Thematik der Neugestaltung der urbanen Landschaft als Konsumlandschaft einer postindustriellen Gesellschaft aufgegriffen. Im internationalen Standortwettbewerb um Ansehen und Geschäftsinvestitionen greifen Stadtplaner vermehrt auf Stararchitektur als Werkzeug zur Markenbildung eines Standorts zurück. So erhofft sich das nachkriegszeitliche Sri Lanka von den größten sozialen Herausforderungen betreffend ethnischer Segregation, Armut oder Ethno-Nationalismus mittels eines durch infrastrukturelle Großinvestitionen induzierten Wirtschaftswachstums ablenken zu können. Anhand von Arcade Independence Square, eines neu entwickelten luxuriösen Einkaufszentrums in Colombo, zeigt diese Studie auf, wie die Regierung mit ihrer nachkriegszeitlichen Stadtentwicklungsagenda von solchen Problemen abwenden will.
Sarah Hartmann
The Work of Medical Travel Facilitators
Caring For and Caring About International Patients in Delhi
Geographien Südasiens, Band 6
„Medical travel facilitators“ spielen eine wichtige Rolle in der Realisierung transnationaler Gesundheitsmärkte, denn sie unterstützen Personen auf der Suche nach medizinischen Behandlungen im Ausland. Über ihre Arbeit an Medizintourismus-Destinationen wie Delhi in Indien ist bislang aber nur wenig bekannt.
Ethnographische Forschung zeigt, dass „medical travel facilitators“ in Delhi ein breites Tätigkeitsspektrum abdecken, um PatientInnen umfassend und individuell zu unterstützen. Ihre Arbeit, so die Argumentation, kann als Care-Arbeit konzeptualisiert werden. Dabei kümmern sie sich nicht nur um das allgemeine Wohl der PatientInnen, sondern umsorgen diese auch auf bemerkenswert aufmerksame und hingebungsvolle Weise. Die in einem geschäftlichen Rahmen ausgeführten Praktiken zeigen, wie eng verflochten ökonomische Prinzipen und Care-Logiken sein können und stellen damit die oft gezeichnete Dichotomie zwischen kalter Wirtschaft und wohlwollender Lebenswelt in Frage.
Hannah Uprety
Between Exploitation and Economic Opportunity?
Identities of Male Nepalese Labor Migrants in the Gulf Region
Geographien Südasiens, Band 4
Im Vorfeld der näher rückenden FIFA-Weltmeisterschaft in Katar wächst das mediale Interesse an der großen Rolle, die ausländische Arbeitskräfte für das rasante Wachstum der Golfstaaten-Metropolen spielen, und an den oft problematischen Arbeits- und Lebensbedingungen dieser Menschen. Deutlich weniger Aufmerksamkeit gilt jedoch dem ‚anderen Ende‘ dieser Migrationsprozesse, nämlich den Kontexten, aus denen diese Arbeiter kommen und in die sie später zurückkehren. Einer dieser Kontexte liegt in Nepal, wo jährlich hunderttausende Migranten das Land auf der Suche nach sogenannter niedrigqualifizierter Arbeit verlassen. Angesichts der vergleichsweise kleinen Bevölkerung und schwachen Wirtschaft Nepals haben diese Praktiken einen enormen Einfluss auf das Land – sowohl finanziell als auch hinsichtlich der sozialen und kulturellen Transformationen, die mit ihnen einhergehen. Die vorliegende Arbeit untersucht, wie sich diese meist männlichen Migranten und ihre Familien in transnationale Formen der Lebensführung einfinden und wie ihre Identitäten sich entlang dieses Prozesses verändern. Auf der Grundlage qualitativer empirischer Forschung aus dem Jahr 2012 liegt dabei ein besonderer Schwerpunkt auf der gesellschaftlichen (Neu-)Verhandlung von Beziehungen und Intimität im transnationalen Familienleben sowie der oft konfliktbeladenen und fragmentierten Aushandlung migrantischer Subjektivitäten. Auf diese Weise bietet die Arbeit nicht nur Einblicke in eine spezifische nepalesische Praxis, sondern reiht sich ein in eine zunehmend erstarkende kritische Migrationsforschung.